Wie alt werde ich? – Wieso war die Lebenserwartung früher höher?

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Wer sich die Frage „Wie alt werde ich?“ stellt, bekommt keine klare Antwort. Fakt ist aber, dass die Lebenserwartung der Menschen in den Industrienationen zu sinken scheint. Vor allem in Deutschland geht der Trend weg von den immer älter werdenden Menschen.

Umkehr eines Trends und die Frage: Wie alt werde ich?

Die Sterbefälle in Deutschland nehmen zu (Foto: AdobeStock - lichtbildmaster 406071127)

Die Sterbefälle in Deutschland nehmen zu (Foto: AdobeStock – lichtbildmaster 406071127)

Dass die Menschen in Deutschland immer älter werden, haben sie unter anderem einer besseren medizinischen Versorgung sowie ihrem persönlichen Engagement zu verdanken. Sie ernähren sich gesünder und treiben mehr Sport, beide Faktoren wirken sich auf die Lebenserwartung aus.

Eine sinkende Lebenserwartung konnten die Forscher durch die Nutzung der Skala zur Sterbewahrscheinlichkeit erkennen. Dabei geben Werte zwischen 0 und 1 an, ob ein Mensch in einem bestimmten Lebensjahr stirbt. Auch wenn es sich nur um eine Wahrscheinlichkeitsangabe handelt, wird doch deutlich, dass die Menschen schon bald weniger alt werden könnten.

Das höhere Sterberisiko ist unter anderem der Tatsache geschuldet, dass die Menschen immer älter werden. Die dieser Aussage zugrunde liegende Sterbewahrscheinlichkeit berechnen die Forscher mithilfe der Sterbetafeln. Zu ihrer Entstellung werden Lebende und Sterbefälle eines Jahrgangs ins Verhältnis zueinander gesetzt. Daraus ergibt sich die wahrscheinliche Lebenserwartung der Menschen.

Umkehrtrend vor allem bei Frauen zu beobachten

Eine weniger günstige Entwicklung scheint die Sterbewahrscheinlichkeit zu nehmen. Sie liegt heute höher als noch vor einigen Jahren. Die Forscher der Bayes Business School in London haben dafür umfassende Studien durchgeführt, bei denen sie die Sterberaten der Menschen zwischen 50 und 95 untersucht haben. Die Probanden stammten aus 21 Ländern mit hohem Einkommen. Der betrachtete Zeitraum betrug 50 Jahre und lag zwischen 1960 und 2010.

Die Forscher haben die Verbesserung der Sterbewahrscheinlichkeit näher untersucht und sind dabei auf erstaunliche Ergebnisse gekommen. Die Verbesserung lag bei Frauen in den Jahren 1991 bis 2000 bei 2,4 Prozent, bei Männern bei 2,2 Prozent. Im Zeitraum 2011 bis 2017 hingegen lag die Verbesserung der Sterbewahrscheinlichkeit nur noch bei einem Prozent bei Frauen und bei 1,23 Prozent bei Männern.

Deutschland, Taiwan und Großbritannien: Diese Länder haben bei einem Vergleich der Verbesserungsraten der Sterbewahrscheinlichkeit in Ländern mit vergleichbaren Lebensverhältnissen besonders schlecht abgeschnitten. Bei den Frauen reichte es nur für Platz 18 von 21, bei den Männern wurde der 20. Platz erreicht.

„Wurde das Rentenalter zu schnell angehoben?“, ist eine ähnlich berechtigte Frage wie „Wie alt werde ich?“ Beide Fragen stellen sich viele Menschen, wenn sie die Ergebnisse zu den Studien rund um die Verbesserung bei der Sterbewahrscheinlichkeit sehen. Der Versicherungsmathematiker Professor Steven Haberman von der Bayes Business School ist der Meinung, dass das angehobene Rentenalter auf jeden Fall mit hineinspielen könnte.

Sterbefälle 2023 analysiert

Etwa 13 Prozent über dem Median der Januare in den Jahren 2019 bis 2022 lag die Zahl der Sterbefälle im Januar 2023. In der ersten Januarwoche waren es sogar 26 Prozent mehr, in den folgenden Kalenderwochen bis zur siebten KW wurden immer noch zwei bis vier Prozent über dem Median der Vorjahresjanuare errechnet. Wer nun meint, dass Corona und Grippe schuld gewesen seien, irrt. Denn: Beide Erkrankungen hatten ihre großen Wellen schon im Dezember 2022 und ihren Höhepunkt vor dem Jahreswechsel überschritten.

Wächst die Zahl der Toten durch Volkskrankheiten und soziale Einflüsse?

Die Zahl der Raucher sinkt nicht weiter, außerdem leiden immer mehr Menschen Fettsucht und Diabetes. Diese Volkskrankheiten sorgen für eine höhere Sterblichkeit. Auch Alzheimer und Demenz werden bei den Forschern als Verursacher höherer Todesfallzahlen genannt. Diese Krankheiten werden heute deutlich häufiger als früher diagnostiziert. Weitere Einflussfaktoren für eine höhere Gesamtsterblichkeitsrate sind die sozialen Faktoren. Menschen aus den unteren Schichten werden weniger alt, während einkommensstarke Menschen mit hohem Bildungsstand älter werden. Die höheren Sterblichkeitsraten der sozial niedriger gestellten Menschen sorgt für eine höhere Gesamtbilanz bei den Sterbezahlen.

In Deutschland gäbe es eine Gesundheitskluft, meint Pavel Grigoriev, der Leiter der Forschungsgruppe Mortalität am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung. Vor allem die Menschen, die kurz vor dem Rentenalter stehen bzw. diejenigen, die zwischen 55 und 64 Jahre alt sind, tragen seiner Meinung nach zu einem Langlebigkeitsnachteil in Deutschland bei.

Möglicherweise spielen ein zu schlechte medizinischen Grundversorgung und eine nicht genügend geförderte Prävention von Krankheiten maßgebliche Rollen bei der hohen Sterblichkeit in Deutschland. Diese wiederum begründet Grigoriev vor allem mit den Herz-Kreislauf-Erkrankten, die in Deutschland für hohe Todesfallzahlen sorgen. Wie hoch diese Zahlen sind, lässt sich mithilfe demografischer Methoden und den Daten zu Todesursachen ablesen. Theoretisch müsste Deutschland im internationalen Vergleich der Sterblichkeit besser dastehen, da eine starke Wirtschaft sowie das gut ausgebaute Gesundheits- und Sozialsystem für eine geringere Sterbewahrscheinlichkeit sorgen müssten. Praktisch ist das aber nicht der Fall.

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